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Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 16.01.2003
Aktenzeichen: 1 U 78/01
Rechtsgebiete: BGB, StGB, ZVG
Vorschriften:
BGB § 823 Abs. 2 | |
BGB § 989 | |
BGB § 990 | |
BGB § 1120 | |
StGB § 136 | |
ZVG § 37 | |
ZVG § 37 Nr. 5 | |
ZVG § 55 | |
ZVG § 55 Abs. 1 | |
ZVG § 55 Abs. 2 | |
ZVG § 90 Abs. 2 |
Az.: 1 U 78/01
verkündet am: 16.01.2003
Im Namen des Volkes URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock auf die mündliche Verhandlung vom 09.01.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hillmann, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Jäschke und die Richterin am Amtsgericht Dr. Angermüller für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des Landgerichts Rostock vom 30.03.2001 (Az.: 10 O 250/00) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin war neben Herrn H.-J. B. Miteigentümerin des Hausgrundstücks B. Weg 10 in R.. Im Haus betrieb Herr T. F. eine Gaststätte. Deren Inventar hatte er an die Beklagte sicherungsübereignet.
Am 22.05.1997 ordnete das Amtsgericht Rostock auf Antrag des Herrn B. die Teilungsversteigerung des vorbezeichneten Grundstücks an. Im November 1997 entfernte die Beklagte das Gaststätteninventar. Am 14.12.1998 setzte das Zwangsversteige- rungsgericht den Verkehrswert auf DM 300.600,- fest. In diesen Betrag schloß es einen gutachterlich ermittelten Wert des bereits entfernten Gaststätteninventars in Höhe von DM 120.600,- ausdrücklich ein. Die Wertfestsetzungsbeschwerde der Klägerin blieb ohne Erfolg.
Im Versteigerungstermin vom 16.04.1999 wies die Rechtspflegerin darauf hin, daß sie den Wert des Gaststätteninventars bei der Wertfestsetzung berücksichtigt habe, weil durch dessen Entfernung keine Enthaftung eingetreten sei. Die Klägerin erhielt den Zuschlag zum Bargebot von DM 310.000,-.
Nunmehr verlangt sie DM 120.600,- Schadensersatz mit der Begründung, sie habe mit dem Zuschlag das Eigentum am Inventar erlangt; die Beklagte könne dies nicht mehr herausgeben, weil sie es verschrottet oder weggegeben habe. Sie hafte aus § 989 BGB und § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 136 StGB.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß das Inventar Fremdzubehör gewesen und deshalb von der Beschlagnahme nicht erfaßt worden sei.
Gegen diese Bewertung wendet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie das Klagebegehren weiterverfolgt. Im übrigen wiederholen und vertiefen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf die in beiden Rechtszügen zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
Entscheidungsgründe:
A.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Ihr steht gegen die Beklagte kein Anspruch zu.
I. Die Voraussetzungen der §§ 989, 990 BGB sind nicht erfüllt.
1. Die Klägerin hat eine Verletzung ihres Eigentums durch die Beklagte nicht schlüssig dargelegt.
a. Die Beklagte entfernte das Inventar im November 1997. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin in keinem Fall Eigentümerin. Wenn überhaupt, konnte sie das erst mit dem Zuschlagsbeschluß vom 16.04.1999 werden.
b. Dem Vorbringen der Klägerin ist nicht die Behauptung zu entnehmen, daß die Beklagte das Inventar erst nach dem 16.04.1999 verschrottet oder weggegeben habe. Geschah das vor diesem Zeitpunkt, wurde kein Eigentum der Klägerin verletzt.
2. Tatsächlich war die Klägerin niemals Eigentümerin des Gaststätteninventars.
a. Gemäß § 90 Abs. 2 ZVG erwirbt der Ersteher des Grundstücks zugleich die Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt hat. Dazu gehört Zubehör nach Maßgabe des § 55 ZVG (Zeller/Stöber, ZVG, 16. Aufl., § 90 Anm. 4.2). Das hier in Rede stehende Gaststätteninventar zählte nicht dazu.
aa. Nach § 55 Abs. 1 ZVG erstreckt sich die Versteigerung auf Zubehör, wenn es von der Beschlagnahme erfaßt worden ist und die Beschlagnahme im Zeitpunkt der Versteigerung noch wirksam ist.
(1) Das Inventar wurde von der am 22.05.1997 erfolgten Beschlagnahme nicht erfaßt. Hierbei handelte es sich um fremdes, nicht um eigenes Zubehör der Grundstückseigentümer. Fremdzubehör haftet nicht gemäß § 55 Abs. 1 ZVG i. V. m. § 1120 BGB (Zeller/Stöber, a.a.O., § 20 Anm. 3.1, 3.4, 4.4; § 55 Anm. 3.2; Bassenge, in: Palandt, BGB, 62. Aufl., § 1120 Rn. 7).
(2) Deshalb kann dahinstehen, ob eine Beschlagnahme des Inventars am 16.04.1999 überhaupt noch wirksam gewesen wäre. Sollte die Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt die Gegenstände verschrottet haben - was der Vortrag der Klägerin nicht ausschließt -, wäre das zu verneinen (vgl. Zeller/Stöber, a.a.O., § 55 Anm. 2.3).
bb. Gemäß § 55 Abs. 2 ZVG erstreckt sich die Versteigerung auf das im Eigentum eines Dritten stehende und deshalb nicht beschlagnahmte Zubehör nur dann, wenn es sich im Besitz des Schuldners oder eines neu eintretenden Eigentümers befindet und der Dritte eine Freigabe nach § 37 Nr. 5 ZVG nicht erwirkt hat.
(1) Die letzte Voraussetzung ist erfüllt. Die Beklagte hat nicht den Weg des § 37 Nr. 5 ZVG beschritten.
(2) Das Zubehör befindet sich jedoch nicht im Besitz des Schuldners, dessen Rolle die Klägerin im Teilungsverfahren eingenommen hatte (vgl. Zeller/Stöber, a.a.O., § 180 Anm. 6.5), oder eines neu eintretenden Eigentümers, den es in dem Zwangsversteigerungsverfahren nicht gegeben hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin als Verpächterin vor Entfernung des Inventars jemals Besitz an den Gegenständen hatte (zu verneinen nach Zeller/Stöber, a.a.O., § 55 Anm. 3.2). Denn der für § 55 Abs. 2 ZVG maßgebliche Zeitpunkt der Besitzerstellung ist derjenige der Versteigerung (Zeller/Stöber, a.a.O., § 55 Anm. 3.4). Zu diesem Zeitpunkt war das Inventar vom Grundstück entfernt. Damit hatte die Klägerin ihren Besitz jedenfalls verloren.
b. Die Klägerin hat das Eigentum am Gaststätteninventar nicht dadurch erworben, daß die Rechtspflegerin - wie mit ihrem Wertfestsetzungsbeschluß und dessen Begründung zum Ausdruck gebracht - die Versteigerung hierauf erstreckt hat. Rechtlich hatte das keine Wirkung. Das Zwangsversteigerungsgesetz hat die Voraussetzungen, unter denen der Ersteher mit dem Zuschlag Eigentum am Zubehör erwirbt, abschließend geregelt. Fremdes Zubehör wird nur unter den in § 55 Abs. 2 ZVG genannten Umständen mitversteigert und zugeschlagen (Zeller/Stöber, a.a.O., § 90 Anm. 4.2). Dieser Erwerbstatbestand setzt - wie schon ausgeführt - den Besitz des Schuldners/eines neu eintretenden Eigentümers voraus. Das ist einerseits sachlich gerechtfertigt, weil der Bieter, der keine eigenen Ermittlungen über das Eigentum anstellen kann, sich bei seinem Gebot darauf verlassen muß, was er wahrnehmen kann (Zeller/Stöber, a.a.O., § 55 Anm. 3.3), und setzt andererseits den wahren Eigentümer, der die Freigabe nach § 37 ZVG erwirken kann, nicht in unzulässiger Weise zurück. Befindet sich dagegen das Zubehör nicht im Besitz des Schuldners, fehlt es an dem Umstand, der ein Vertrauen in das Eigentum des Schuldners rechtfertigen könnte. Deshalb entscheidet allein das Vorliegen dieses gesetzlichen Tatbestandes darüber, ob der Meistbietende Eigentum am Fremdzubehör erwirbt oder nicht. Dagegen ist die vom Rechtspfleger geäußerte oder in seinem Handeln zutage getretene Rechtsauffassung ohne Belang. An diese knüpft das Gesetz kein Vertrauen.
II. Da das im (Sicherungs-)Eigentum der Beklagten stehende Fremdzubehör mit Anordnung der Teilungsversteigerung nicht beschlagnahmt worden ist, ergibt sich für die Klägerin auch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 136 StGB kein Schadensersatzanspruch.
III. Ein Bereicherungsanspruch scheitert an der fehlenden ungerechtfertigten Bereicherung der Beklagten. Diese durfte sich nach Eintritt des Sicherungsfalles in den unmittelbaren Besitz des Inventars bringen, da die Beschlagnahme ihr Sicherungseigentum nicht erfaßte.
B.
I. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
II. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO n.F..
III. Die Revision war nicht gemäß § 543 ZPO n.F. (§ 26 Nr. 7 EGZPO) zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Ende der Entscheidung
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